Ehemalige Synagoge Kippenheim

Kippenheim

Kippenheim

Die ehemalige Synagoge

Synagogen haben das Ortsbild mancher Dörfer im Süden der Ortenau mitgeprägt. Sie legten Zeugnis ab von den Versuchen der jüdischen Gemeinden, sich in die christliche Umwelt zu integrieren und gleichzeitig an ihrer Religion festzuhalten.
Aufgrund ihres Erhaltungsgrades besitzt die 1852 eingeweihte Kippenheimer Synagoge einen besonderen architektur- und kulturgeschichtlichen Wert. In der Geschichte dieses Bauwerks spiegelt sich das wechselvolle Schicksal der Juden, von ihrer Emanzipation im 19. Jahrhundert, bis zu ihrer Vertreibung und Ermordung durch die nationalsozialistischen Machthaber. Die ehemalige Synagoge ist auch ein Spiegel des Umgangs mit der Verfolgungsgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Jüdische Gemeinde in Kippenheim und die Synagoge

Die Synagoge 1893
Die Synagoge 1893

In Kippenheim waren einzelne Juden seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ansässig. 1871 erreichte die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder mit 323 Personen ihren Höchststand (ca. 15 Prozent der Ortsbevölkerung). 1933 umfasste die israelitische Gemeinde Kippenheim noch 144 Mitglieder, von denen die meisten vor Beginn des Zweiten Weltkrieges auswanderten. Zum Zeitpunkt des sog. Novemberpogroms 1938 lebten noch etwa 70 Juden im Dorf. Am Morgen des 10. Novembers 1938 schändeten Angehörige der Lahrer HJ- Gebietsführerschule den Innenraum der Synagoge. Alle jüdischen Männer wurden verhaftet und am Abend vom Lahrer Bahnhof aus zum Konzentrationslager Dachau transportiert, von wo sie erst nach mehreren Wochen wieder zurück kamen. Am 22. Oktober 1940 wurden die 30 noch in Kippenheim lebenden Juden im Rahmen einer landesweiten Abschiebung in das Lager Gurs in Südwestfrankreich deportiert. Die politische Gemeinde Kippenheim, die die verwaiste Synagoge als „Schandfleck“ bezeichnete, betrieb ihren Abriss, wozu es aber wegen der Kriegsereignisse nicht kam. 1955 kaufte die Raiffeisenwarengenossenschaft Kippenheim e. G. das Gebäude, um es als Lager für landwirtschaftlichen Bedarf zu nutzen. Die Genossenschaft ließ das Gebäude bis zur Unkenntlichkeit verändern: die Türme wurden bis auf die Höhe des Satteldaches abgetragen, die Rundfenster zugemauert sowie die Fensterrosetten entfernt. 1983 kaufte die Gemeinde Kippenheim das Gebäude, um es im Äußeren wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückzusetzen. Der 1996 gegründete Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim e. V. ließ 2003 die ehemalige Synagoge einer aufwändigen Innenrenovierung unterziehen. Das vom Förderverein entwickelte Renovierungskonzept versucht die Spuren der Geschichte sichtbar zu halten, um die unterschiedlichen Verwendungszwecke seit der Erbauung des Gebäudes so weit wie möglich erkennbar zu machen.

Kontakt

Adresse


Poststraße 17
77971 Kippenheim

Allgemeine Öffnungszeiten


Mai–September
Sonntags 14–17 Uhr
Oktober–April
geschlossen

Träger der Einrichtung


Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim e. V

Offizielle Homepages


Ehemalige Synagoge Kippenheim

Führungen

Der Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim e. V. ist Träger der Gedenk-, Lern- und Begegnungsstätte Ehemalige Synagoge Kippenheim. Er orientiert seine Arbeit an den drei Aspekten Erinnern – Lernen – Begegnen. Damit möchte er einen zukunftsorientierten Beitrag zu mehr Dialogbereitschaft und Toleranz in der Gesellschaft leisten. Die Synagoge ist mittlerweile ein anerkannter Lernort für Schule, Erwachsenenbildung und Jugendarbeit. Eine Dauerausstellung auf den Emporen informiert über die Kultur und Geschichte der Ortenauer Landjuden.

Unkostenbeitrag pro Führung

  • Schulklassen/Jugendgruppe: 1,50 € pro Person (Mindestbeitrag: 20€)
  • Erwachsenengruppen 2,50 € pro Person (Mindestbeitrag: 30€)
  • Ermäßigung bei mehreren Führungen möglich

Der Förderverein bietet Führungen an, die sich für Schulklassen, Jugendgruppen, aber auch für Erwachsenengruppen eignen. Studienfahrten für Schüler- und Jugendgruppen nach Kippenheim fördert das baden-württembergische Kultusministerium.

Die ehemalige Synagoge Kippenheim

Die Kippenheimer Synagoge bezeugt jüdisches religiöses Leben in einer christlichen Umwelt, zeitgeschichtlich die NS-Gewalt durch ihre Entweihung und schließlich in ihrem heutigen Zustand, den Umgang mit der NS-Geschichte und dem jüdischen Erbe.

Dauer: 60 min
Stichworte: Die Synagoge als jüdisches Gotteshaus – Geschichte der Juden – Antijudaismus und Antisemitismus – Die Shoa – Umgang mit der NS-Geschichte

Auf den Spuren jüdischen Lebens in Kippenheim

In Verbindung mit einer Führung durch die ehemalige Synagoge

Dauer: 30 min
Stichworte: Jüdischer Handel – „Schutzjudentum“ – Integration – Stolpersteine

Verbandsfriedhof Schmieheim

Bei einem Gang über den Schmieheimer Friedhof lässt sich die wechselhafte Geschichte der Juden der Ortenau ablesen. Er wurde vermutlich 1682 angelegt, als sich die ersten Juden wieder in der Region niederlassen durften. Er ist der größte jüdische Verbandsfriedhof (140 Ar) in Südbaden und birgt etwa 2500 Gräber.

Dauer: 60-90 min
Stichworte: Jüdische Begräbniskultur – Symbolik – Geschichte des Landjudentums

Auf den Spuren jüdischen Lebens in Schmieheim

Schmieheim bildete als Rabbinatssitz bis zum Ende des 19. Jahrhunderts den religiösen Mittelpunkt der Ortenauer Judenschaft. Der Rundgang führt unter anderem vorbei an der ehemaligen Synagoge, dem Rabbinatshaus und der Mikwe (Ritualbad) sowie auf Wunsch am jüdischen Verbandsfriedhof.

Dauer: 60-90 min
Stichworte: Die jüdische Gemeinde – Landjudentum

Publikationen

Stude, Jürgen: „Dies ist nichts als das Haus Gottes“ : Führer durch die ehemalige Synagoge Kippenheim, Ubstadt-Weiher und Heidelberg 2012
Maier, Kurt Salomon: Unerwünscht. Kindheits- und Jugenderinnerungen eines jüdischen Kippenheimers, Ubstadt-Weiher und Heidelberg 2011
Schellinger, Uwe (Hg.): Gedächtnis aus Stein : die Synagoge in Kippenheim 1852-2002, Ubstadt-Weiher und Heidelberg 2002
Schellinger, Uwe: Jüdisches Kippenheim – Einladung zu einem Rundgang, Haigerloch 1999
Stude, Jürgen: Geschichte der jüdischen Gemeinde Kippenheim, in: Historischer Verein Mittelbaden e.V., Mitgliedergruppe Ettenheim (Hrsg.): Schicksal und Geschichte der jüdischen Gemeinde Ettenheim, Altdorf, Kippenheim, Schmieheim, Rust, Orschweiler, Ettenheim, S. 322–362, Ettenheim 1997